Saturday, 29. September 2007

Meskel

Nach Timkat (Epiphany) das wohl bedeutenste Fest für orthodoxe Äthiopier. Gefeiert wird die Auffindung des wahren Kreuzes, also das an dem Jesus starb.
So versammeln sich am Vorabend, eigentlich ab dem Nachmittag, die Leute am Meskel Square oder in der Nachbarschaft. Es wird gesungen und getanzt, vor allem von den Kirchenleuten. Am Abend werden dann Feuer angezündet, am Meskel square gab es sogar ein Feuerwerk. Wer daheim geblieben ist, sieht die Feier im Fernsehen und ißt dann zusammen mit den Nachbarn das vorher geschlachtete Schaf.
Ich hatte mir ja fest vorgenommen, diese Feier nicht zu verpassen. Mit einen Mitarbeiter der Jura-Bibliothek hatte ich mich verabredet zum Meskel Square zu gehen. Unsinnigerweise ist aber erst der 28. Sept. der Feiertag, gestern mussten also noch alle arbeiten, trotz der Veranstaltung am Nachmittag. So auch der Bibliotheksmitarbeiter. Er hat zwar die Bib einfach 20 min früher als sonst (18 Uhr) geschlossen, aber es gab kein Taxi zum Meskel Square, also sind wir halt gelaufen. Mache ich ja mittlerweile ganz gerne. Die vielen Leute die uns unterwegs entgegenkamen, waren ja schon verdächtig. Es wurde auch langsam dunkel. Naja, aber ein Feuer wenn die Sonne scheint ist ja auch unsinnig, oder? [Anmerkung: es hatte am Nachmittag geschüttet, meine Füße waren nass, es war kalt, nix mit Sonne] War aber eigentlich gar nicht so schlecht, denn so konnten wir von weiter oben das Feuerwerk sehen, das ja das Ende der Feier darstellt. Als wir dann endlich am Meskel Square angekommen waren, sangen und tanzten dort immer noch unglaublich viele Leute. Sogar ein paar Reiter habe ich gesehen. Und das große Feuer, hatte ich ja schon mal erwähnt.

Feuer-Meskel-Square

Tja, nach vielleicht einer Viertel Stunde haben wir uns dann aber dem Tross der Singenden und Tanzenden (das sind meist Leute von der Kirche, also nicht alle Besucher beteiligen sich dabei!) angeschlossen und sind wieder zurück den Berg hoch in Richtung Uni gelaufen.

Ein Taxi in meine Richtung vom Meskel Square aus zu bekommen hielten wir ja für ausgeschlossen. Unterwegs haben wir dann noch Avocado-Papaya-Bananen-Saft (eher ein Püree) zu uns genommen. Das wird mir ja fehlen!
Tatsächlich habe ich nach einiger Zeit dann ein Taxi (also so einen Mini-Bus) bekommen, bei dem ich nur ein mal umsteigen musste. Es war auch schon nach 8 (also nach 2, gell), da fahren ja nicht mehr so viele. Schwiegereltern wurden telefonisch verständigt dass ich unterwegs bin und es mir gut geht. Als ich dann zu Hause ankam, saßen die Nachbarn vor dem Haus, das Feuer war schon abgebrannt (wieder zu spät!), aber Essen gab es noch. Für mich war ja netterweise Fisch vorbereitet worden. Vegetarier werden hier zwar respektiert, aber leicht ist es dennoch nicht. Ist ja im Eichsfeld auch nicht immer einfach gewesen, gell. Ich habe dann noch ein wenig mit den Nachbarsfrauen gequatscht, soweit das mit ihren Englisch- und meinen Amharischkenntnissen möglich ist – die werden ja immer gelobt, tatsächlich bin ich das Gefühl ein Riesenbaby zu sein das Sprechen lernt nur partiell losgeworden. Immerhin habe ich nun Unterricht.

sicher

Sicherlich trägt das Blog nicht gerade dazu bei, den eigentlichen Zweck meines hiesigen Aufenthaltes zu verdeutlichen. Aber da ich mich die meiste Zeit doch mit der Forschung beschäftige, will ich nicht auch noch darüber schreiben. Wäre auch eh nicht so spannend. Aber um mal einen Zwischenstand abzugeben: in den letzen Wochen habe ich recht viel gelesen, was mich zum Teil auch weitergebracht hat. Aber irgendwann muss auch mal Schluss sein! Am Mittwoch hatte ich ein erstes Interview, was mir aber nur bedingt weiterhalf.
Ich habe mich ja nun festgelegt, die Beziehung eines halb-staatlichen und eines nicht-staatlichen Mechanismus zu untersuchen. Die aktuelle Beziehung stellt im Prinzip das kleinere Problem dar, auch wenn es schwierig ist, eine neutrale Position zu bekommen. Entweder steht man auf der Seite der Regierung (weil man etwa für diese arbeitet) oder man ist über alle Maßen misstrauisch gegenüber jedweder staatlichen Einrichtung. Das hat man aber schnell raus. Schwieriger erscheint mir eher die Derg Zeit. Das ist zwar schon gut 15 Jahre her, aber vieles ist da noch nicht aufgearbeitet.
Wenn alles so läuft wie ich mir das vorstelle, dann geht es hoffentlich in der nächsten Woche nach Debre Markos. Vor allem in der dortigen ländlichen Umgebung möchte ich als Einstieg mal einige Shemagelle befragen. Später werde ich dann in Bahir Dar (am wunderbaren Tana-See, aber Malaria-gefährdet) mit Vertretern der Regierungsseite und Wissenschaftlern sprechen. Aber da ich da ja nicht einfach so hinfahren kann, und gerade für die ländlichen Gebiete auch einen Übersetzer brauche, wird das alles nicht so einfach sein. Mein Schwiegervater wird mich zwar begleiten, ich möchte ihn in Anbetracht seines hohen Alters aber zum Einen nicht mit anstrengenden Reisen belasten. Zudem ist er ja kein neutraler Übersetzer, sondern hat seine ganz eigenen Ansichten zum Thema.
Ich habe es ja schon das eine oder andere Mal erwähnt, und ja auch schon vor meiner Abreise gewusst, dass es nicht immer einfach sein wird hier mit den Schwiegereltern zu leben. Die beiden sind unglaublich nette und liebenswürdige Menschen, das steht außer Frage. Aber ich bin es doch gewohnt, sehr selbständig und unabhängig zu sein. Dem steht aber die Sorge meiner Schwiegereltern um meine Sicherheit doch entgegen. Nach Einbruch der Dunkelheit (das ist allerspätestens um 7, also 1 Uhr nach äthiopischer Zeitrechnung) sollte ich doch besser zu Hause sein. Von der Uni brauche ich aber fast eine Stunde. Dann werden mir Horrorgeschichten von Diebstählen usw. erzählt (ich will ja nix sagen, aber ich wohne in Neukölln, alles schon gesehen...). Nun frage ich mich, ob es wirklich so gefährlich ist – zumal es hier im Viertel Wächter gibt, die ja so was verhindern sollten – oder ob ich einfach leichtsinnig bin.
Als blonde Frau falle ich hier natürlich auf, das ist klar. Ständig höre ich ferenji, oder auch Hi, how are you. Das ist zwar manchmal anstrengend, aber die Leute sind eigentlich sehr freundlich dabei. Mir wurde ja auch versichert, die Äthiopier seien so erzogen, Fremde mit Respekt und freundlich zu behandeln. Andererseits gelten Europäer halt auch als reich (wenn die wüssten....), und angeblich hat der staatliche Rundfunk ja auch das Gerücht verbreitet, zur Millenniums-Feier würde so viele reiche Ausländer mit viel Geld in der Tasche kommen. Wenn das stimmen sollte, eine äußerst kontraproduktive Information.
Nun befinde ich mich in einer Zwickmühle. Ich will ja meine Schwiegereltern nicht verärgern oder ihnen unnötige Sorgen bereiten. Aber ich möchte auch ein bisschen Selbständigkeit. Nicht dass ich hier auf jede Party gehen müsste (ich war noch auf keiner einzigen, die Hochzeit kann ja wohl nicht zählen), aber ich möchte auch ein wenig von kulturellen Leben hier mitbekommen.

Die Jule

juhuhu

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